Störeinflüsse auf die Kühlschmierstoffversorgung beim Schleifen - Teil I

Das Ziel einer anforderungsgerechten Kühlschmierstoffversorgung ist eine thermisch schädigungsfreie Bauteilbearbeitung zur Erzielung höchster Form- und Maßtoleranzen in kürzester Bearbeitungszeit. Der Schleifprozess birgt unterschiedliche Störgrößen, die eine anforderungsgerechte Kühlschmierstoffzufuhr negativ beeinträchtigen können. Diese sollen in diesem Magazinbeitrag des Team grindaix aufgeführt und kurz erläutert werden. Eine fachlich umfassende Darlegung aller Einflussgrößen und deren Störcharakter erfahren Sie auf unserem YouTube-Channel im Thema „Schleifbrand vermeiden“ und auf unseren Innovation Days.

Grundsätzlich unterscheiden wir bei den möglichen Störgrößen zwischen Einflüssen aus den Gebieten:

a) Prozessführung des Schleifverfahrens

b) Prozessführung des Abrichtverfahrens

c) Werkstofftechnik

d) Kühlschmierstoff (Öl, Emulsion, wässrige Lösung)

e) Kühlschmierstoff-System

f) Kühlschmierstoff-Düse

g) Das mit der Schleifscheibe rotierende Luftpolster

In diesem Teil I werden die Punkte a) bis d) behandelt. Hier geht es zum Teil II.

       Abbildung 1: Zusammenhänge Schleiftechnik

a) Prozessführung des Schleifverfahrens

Im Schleifprozess kann die Zustellung oder besser gesagt das bezogene Zeitspanungsvolumen Q’w derart unsachgemäß gewählt werden, als dass die Spandicken(-längen) der Schleifspäne so groß werden, dass sie die oberflächennahen Porenräume der Schleifscheibenbindung zusetzen. Darunter versteht man, dass die zugänglichen Porenräume mit weichem Bauteilmaterial (heiße Späne) quasi zugeschmiert werden.

Die Folge ist, dass diese Porenräume für den Kühlschmierstofftransport in die Bearbeitungszone nicht mehr zur Verfügung stehen. Damit gelangt theoretisch kein Kühlschmierstoff mehr in den eigentlichen Spanbildungsvorgang und die Kühl- sowie auch die Schmierwirkung des Kühlschmierstoffes bleibt aus. Das Bauteil wird thermisch überhitzt.

Ein zweiter Effekt derartiger Schleifwerkzeug-Bindungszusetzungen ist die im Schleifprozess steigende Reibung zwischen dem Schleifwerkzeug (Bindung) und dem Bauteil. Auch hierbei treten thermische Einflüsse auf, die die Randzoneneigenschaften des zu schleifenden Bauteils negativ beeinträchtigen können. 

Abbildung 2: Schleifprozess

b) Prozessführung des Abrichtverfahrens

Wenn das Schleifwerkzeug mit Bezug auf die gewählte Schleifprozesseinstellung (Q’w) unsachgemäß (zu fein) abgerichtet wird, entsteht eine zu hohe Reibung zwischen Schleifscheibe und Bauteil. Einerseits benötigen wir ein genügend raues Schleifwerkzeug um hohe Zerspanungsraten realisieren zu können. Andererseits soll die Schleifscheibe nicht zu rau abgerichtet werden, damit die geforderte Oberflächengüte erreicht werden kann. Daher ist ein Kompromiss anzustreben zwischen einem möglichst schnittfreudigen Schleifwerkzeug und einer dennoch erreichbaren genügend feinen Bauteiloberfläche. Maßgeblichen Einfluss auf die Oberflächentopographie einer Schleifscheibe hat die Wahl der Abrichtparameter.

                               

Abbildung 3: Abrichtprozess                                                                                                                                                        Abbildung 4: Abrichten

Die hier geläufigen Begriffe wie der Abrichtüberdeckungsgrad Ud, der Abrichtgeschwindigkeitsquotient qd, die effektive Wirkbreite des Abrichtwerkzeuges bd, die Abrichtzustellung aed sowie auch die Vorschubgeschwindigkeit im Abrichtprozess sind entscheidende Einflussgrößen auf die spätere thermische Randzonenschädigung der Bauteiloberfläche. Eine noch so professionell ausgelegte Kühlschmierstoffzuführung ist geradezu unwirksam, sofern die im Schleifwerkzeug vorhandenen Porenräume nicht anforderungsgerecht für den Kühlschmierstofftransport genutzt werden können. Das Schleifwerkzeug ist der Kühlschmierstoffträger. Sind die Porenräume, als Resultat eines fehlerhaft ausgelegten Abrichtprozesses, in Bezug zu den im Schleifprozess entstehenden Spangrößen zu klein, so wird es, wie bereits zuvor beschrieben zu Zusetzungseffekten in der Schleifwerkzeugoberfläche kommen. Das Resultat ist Schleifbrand.

 

c) Werkstofftechnik

Das zu bearbeitende Material ist meist nicht variierbar und stellt eine kundenseitige Forderung dar. Doch wenn man versteht welche Materialbestandteile vorliegen, so kann man daraus gezielte Informationen für ein Schleifbrandentstehungspotenzial ableiten.

Man unterscheidet grundsätzlich zwischen gehärtetem Material und ungehärtetem Material. Unter dem Begriff Härten versteht man eine Wärmebehandlung des zu bearbeitenden Bauteilmaterials. Dem Bauteil werden dadurch gezielte Randzoneneigenschaften zuteil, die es bei seiner späteren Verwendung (Einsatzzweck) robust gegen mechanische aber auch chemische Belastungen und geeignet für eine nachfolgende Präzisionsbearbeitung machen. Weiche Gefügebestandteile der zu bearbeitenden Materialien führen im Schleifprozess zu Zusetzungen der Porenräume des Schleifwerkzeuges. Diese stehen dann nicht mehr für den nötigen Kühlschmierstofftransport in die Schleifzone zur Verfügung. Harte Gefügebestandteile sind wünschenswert, da diese kurze Späne verursachen und dadurch die Zusetzungsneigung reduzieren.

Welche Gefügebestandteile hierbei in welcher Form welchen Zusetzungseinfluss haben, behandeln wir im Fachseminar Schleifbrand vermeiden im Detail, nicht nur für Stähle, auch für hochtemperaturfeste Materialien wie Titan- und Nickelbasislegierungen, aber auch hochharten Materialien wie Keramik, Hartmetallen und Schnell- wie auch Werkzeugstählen.

 

d) Kühlschmierstoff

Die Art und die Zusammensetzung eines Kühlschmierstoffes üben einen ebenso entscheidenden Einfluss auf die thermisch schädigungsfreie Schleifbearbeitung aus. Emulsionen sind meist Gemische aus Mineralöl (ca. 4-9%) und Wasser (91-96%). Sie weisen aufgrund des relativ hohen Wasseranteils zwar eine sehr gute Kühlwirkung auf, doch neigen sie auch zur Schaumbildung. Eine stark schäumende Emulsion führt dazu, dass der Wasseranteil des über die freien Porenräume einer Schleifscheibe in den Prozess geführten Kühlschmierstoffmenge stark sinkt. Damit reduziert sich die Kühlleistung, was wiederum zur thermischen Schädigung des Bauteils führen kann. Der Wärme bleibt nur die Wahl entweder im Schleifwerkzeug zu verbleiben, in den Kühlschmierstoff aufgenommen zu werden oder aber ins Bauteil zu wandern.

        Abbildung 5: Wärmefluss

Letzterer Effekt ist nicht erwünscht. Die Schleifscheiben sind meist keramisch, oder kunstharzgebunden. Diese Materialien leiten die Wärme weniger gerne ab. Daher muss es das Ziel sein die im Schleifprozess entstehende Wärme über den Kühlschmierstoff abzuführen. Die geringe biologische Resistenz einer Emulsion führt ggf. zur Pilzbildung, die zu Ablagerungen in Kühlschmierstoffrohrleitungen und Kühlschmierstoffdüsen führen. Dies kann im Extremfall zu Verstopfungen der Düsen und Leitungen führen. Daher müssen Kühlschmierstoffdüsen, die mit Emulsion betrieben werden anforderungsgerecht in zeitdiskreten Abständen automatisch gereinigt werden. Ferner ist es schwierig eine schaumhaltige Emulsion derart über druckbeaufschlagte Kühlschmierstoffdüsen zu beschleunigen, als dass sie eine ausreichend hohe kinetische Energie besitzt, das mit der Schleifscheibe rotierende Luftpolster zu durchdringen. Meist gelangen schäumende Emulsionen allenfalls nur unsachgemäß in die Nähe der Bearbeitungszone und tragen daher nicht anforderungsgerecht zur Kühlung des Schleifprozesses bei. Öle wiederum weisen zwar eine geringere Wärmeaufnahmekapazität als Wasser aus, jedoch schmieren Sie den Spanbildungsprozess derart, als dass weniger Reibungswärme entsteht.

Diese beiden konträren Effekte (Emulsion kühlt besser schmiert schlecht / Öl schmiert sehr gut aber kühlt schlechter) heben sich meist gegeneinander auf und bevorzugte Wahl des einen oder anderen KSS-Typs sind grundsätzlich nicht ohne die Betrachtung der weiteren Aspekte (Wirtschaftlichkeit, Umweltauflagen, Humanverträglichkeiten) pauschal zu bewerten. Öle weisen ein Viskositäts-Temperatur-Verhalten auf. Dieses gilt es zu berücksichtigen, wenn man bei Schleifprozessen von genauen Kühlschmierstoffzufuhrmengen spricht. Ebenso können Öle schäumendes Verhalten aufweisen. Man spricht dann von einem Luftgehalt des Öles (in%). Auch hier treten unerwünschte Effekte im Hinblick auf die mindernde Schmierwirkung eines Öles mit hohem Luftgehalt auf. Auf wässrige Lösungen gehen wir im Fachseminar gezielter ein. Hier sei erwähnt, dass sich wässrige Lösungen in Bezug auf die Wärmeaufnahmefähigkeit grundsätzlich sehr ähnlich verhalten wie Emulsionen.

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Für Ihre Fragen zu unseren Produkten und Dienstleistungen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Sie erreichen uns per E-Mail info@grindaix.de oder telefonisch unter 02273 95373 0 (Werktags von 8-17 Uhr).

Tipp: Wir bieten regelmäßig ein praxisorientiertes Fachseminar zum Thema „Schleifbrand vermeiden“ in Köln an. Hier finden Sie weitere Informationen:

https://grindaix.de/unternehmen/schleifen-seminare/

Tagungsleitung: Dr.-Ing. D. Friedrich

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